Wen die Wüste ruft

Unglaublich, was aus einer Tanzreise alles entstehen kann

 

20 Jahre ists her als ich auf einer Urlaubsreise nach Ägypten BIR EL GABAL (Brunnen am Berg) entdecke, eine traumhaft gelegenen kleine Oase mitten in der Westlichen Wüste, mit einem einladenden familiären ebenerdigen Hotel. Ganz klar, daß ich im nächsten Jahr eine Tanzreise dorthin organisiere. Und so sind wir dann 12 unternehmungslustige Frauen, die tanzend und wandernd (auch mal mit Kamel), staunend und fasziniert eine fremde Welt und Kultur entdecken.

 

Und natürlich werden wir von den Ägyptern dort auch wahrgenommen: aber eben nicht nur als „Touristinnen“, sondern als Europäerinnen in ihrer Würde, Tiefe, Lebensfreude und menschlicher Verbundenheit im Tanz. Wir spüren, daß wir in unserem „so-anders-sein“ respektiert und geschätzt werden. Vorurteile auf beiden Seiten lockern sich, neue Sichtweisen tauchen auf, Freundschaften können entstehen.

 

Ein Traum im Nachmittagschlaf: „Ein Garten zum tanzen unter Palmen gehört zu mir, irgendwo steht drin ein Haus, Rosen blühen“. - Ein paar Monate später wird mir dieser Garten ganz real angeboten und mit Unterstützung von Freunden (Geld gegen Abwohnen) baue ich zusammen mit meinem Partner Helmut das HATHOR-CHALET (Hathor, die Göttin des Tanzes, der Musik und der Extase ohne Ende, lt.Pyramidentext). Es wird ein kleines Retreat-Zentrum, in Zusammenarbeit mit Hatem Shaffiks Hotel, in dem dann auch Gruppengäste wohnen und verpflegt werden (ich berichtete damals davon). Wie ich später erfahre, war Bir El Gabal in früheren Zeiten Ritualplatz für die jährlichen Frühlingsfeste. Viele schöne beglückende Tanzerlebnisse folgten über die Jahre. Viele der Gastfrauen, auch Männer, lernen die Menschen und den Platz als inspirierend, ruhe- und kraftgebend kennen und schätzen.

 

Eine liebe Tanzfreundin und ihre Familie engagiert sich. Sie finden Geldgeber, u.a. eine Solarfirma in Franken und die dtsch. Botschaft in Ägypten und wir können zum betreiben einer starken Wasserpumpe eine große Photovoltaikanlage errichten. Für 8 Familien wird es möglich, ca 15 HA Wüstenland in fruchtbares Agrarland umzuwandeln, etliche Hilfkräfte arbeiten jetzt dort. Erst heute, nachdem die Strompreise explodiert sind, wird den Leuten dankbar bewußt, welch ein Geschenk und Hilfe dieser Sonnenstrom ist.

 

Mit dem „Ägyptischen Frühling“ vor 12 Jahren brach der Tourismus gänzlich ein, die Wirtschaftslage wurde zunehmend miserabel, nochmals verstärkt dann durch die Coronazeit. Erhöhte Steuern und extrem hohe Abgaben an den Staat (z.b. für Wasser oder die Getreideernte) bringen die Menschen an ihre Grenzen. Ich bewundere immer wieder, mit welchem Humor und einem Lachen unsere Freunde all den heftigen Widrigkeiten des täglichen Lebens begegnen, - da können wir viel lernen.

 

Durch meine individuellen Gäste und immer wieder mal durch finanzielle Unterstützung aus dem Freundes- und Tanzkreis konnte Hatem, mit dem mich eine herzliche Freundschaft verbindet, sein Hotel auch bei Ausfällen von Pumpen, Motor und sonstigen Notfällen einigermaßen über Wasser halten. Aktuell sind wir dabei, seine durch Sand, Wind und Hitze renovierungsbedürftigen Wohnchalets zu erneuern. Nun kommen auch wieder Gäste, im Februar war Irmelas Tanzgruppe, die 1. seit Jahren. Und andere Gruppen sind in Planung. Hoffnungslichter.

 

So hat sich die Kraft unserer meditativen rituellen Tänze über die Jahre hinweg ausbreiten und materielle Formen annehmen können. Kulturübergreifende Kontakte und gegenseitiges Verständnis sind gewachsen, viel Neues durfte entstehen trotz mancher Hindernisse, und immer wieder sind auch existenzielle Hilfen gefunden worden. Und wir geben nicht auf.

 

Neben den Palmengärten mit dem Tanzplatz und etlichen Hängematten darin (eine wunderbare Meditationsmöglichkeit) sind auch ein Labyrinth, eine Steinspirale und drei Stahlrohrpyramiden entstanden - geomantische Kraftplätze, die zum begehen und betanzen einladen. Mit jedem Schritt, wenn wir tanzen, zeichnen wir Zauberzeichen auf die Erde.

 

Und dann immer wieder die Weite und Faszination der Wüste!

 

Na ja, und auch ich bin 20 Jahre älter geworden und fühle mich mittlerweile sehr zuhause in Bir El Gabal. Trotzdem halte ich langsam Ausschau nach möglichen NachfolgerInnen für das Hathor-Chalet-Projekt. Bin ganz im Vertrauen, das Richtige wird geschehen. Maa Salama, der Friede ist mit dir.

 

FriedEL Braun

www.friedel-braun.de